Villatte, Césaire

Aus Romanistenlexikon
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Césaire Villatte (13.1.1816 Neustrelitz – 12.6.1895 Neustrelitz); Sohn des Sprachlehrers Césaire Paul Villatte, eines französischen Réfugié, u. der Gutsbesitzerstochter von Schulz

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Ostern 1836 Abitur Gymn. (Carolinum) Neustrelitz; Stud. Klass. Sprachen Göttingen u. Berlin; Aufenthalt in Frankreich (Paris, Dijon) zum Französischlernen; 1838-83 Gymnasiallehrer, u. a. Gymn. Carolinum; 24.7.1842 Festanstellung; 25.2.1873 Prom. (Klass. Philol.) Rostock; 2.7.1877 Titularprof.; schuf zus. mit Karl Sachs für den Langenscheidt-Verlag zwischen 1863 u. 1880 ein bedeutendes zweisprachiges Wörterbuch; 1883 i. R.

1.1.1880 Goldenes Verdienstkreuz d. Wendischen Krone.

„Zum französisch-deutschen Theile dieses seit 1869 erscheinenden classischen Werkes lieferte V. zahllose Beiträge aus der Umgangssprache; beim zweiten, dem deutsch-französischen, dagegen, den der Verfasser, Professor Karl Sachs, aus äußerlichen Ursachen sechs Jahre liegen lassen mußte, griff er selbständig ein, indem er die mittlerweile aufgehäuften schier unendlichen Manuscriptnachträge einfügte und das Ganze gleichmäßig durchredigirte (8 Auflagen). Sonach schuldet man ihm die Hauptsumme der praktischen Brauchbarkeit dieser wol für lange unerreichbaren Monumentalleistung. Außer dem wiederum ,unter Mitwirkung von Professor Dr. Césaire Villatte von Professor Dr. Karl Sachs herausgegebenen‘ Französisch-deutschen Supplement-Lexikon (Berlin 1894), das beider Männer erstaunliche Lebensarbeit als würdiger Schlußstein krönte […] und der neben jenem großen Wörterbuch und auf dessen Grundlagen aufgebauten ,Hand- und Schul-Ausgabe‘, dem mit Recht weitestverbreiteten Hülfsmittel seiner Gattung in deutschen Landen (86. Aufl. 1895), lieferte V. allein noch zwei höchst werthvolle Ergänzungen. Erstlich ,Parisismen‘ (1884), ein gründliches alphabetisches und erläutertes Verzeichniß des Pariser Argot, für das zuerst Villatte’s Vorläufer in der Erforschung und Fixirung des hauptstädtischen Dialekts, Delvan, Larchey, Rigaud, das Hauptcontingent boten; die Neuauflagen (4. 1895) zeigten V. mehr und mehr unabhängig, als er auf umfänglichen eigenen Lesefrüchten und directen Mittheilungen vieler Sachkenner fußte. Sodann das dreibändige ,Nothwörterbuch der französischen und deutschen Sprache‘ (10 bez. 11 Auflagen), ein ungemein geschicktes Nachschlagebüchlein; die beiden ersten Bändchen enthalten das auf den Tagesbedarf, namentlich des Reisenden, zugeschnittene eigentliche Lexikon, das dritte, ein ,Sachwörterbuch‘ über ,Land und Leute‘ nebst sonstigen Realien bei unseren Westnachbarn, schildert Leben und Treiben der Franzosen gedrängt, aber fesselnd und verläßlich, und steuert zur Auffassung staatlicher und cultureller Verhältnisse vielerlei fördernde Gesichtspunkte bei. Beide bekunden aufs schönste nicht bloß unermüdlichen redlichen Sammelfleiß, sammt einer wahrhaft vorbildlichen Genauig- und Sauberkeit, sondern auch sich alleweil vertiefenden Sinn für das Wesentliche und den Gehalt der gangbaren Sprachmünze, dabei eine nie schlaffe Lust, nach abgelegenen und doch unentbehrlichen prägnanten Ausdrücken zu fahnden. Er arbeitete peinlich, fast ohne Strich, und bezeugte stets eine liebenswürdige Seele, an Bedürfnißlosigkeit grenzende Bescheidenheit“ (Fränkel, 1895, 705-706).

Ludwig Julius Fränkel, ADB 39, 1895, 705-706: Ders., Nekrolog, ZfSL 17, 1895 192-194; Kössler, Personenlexikon.