Hinterhäuser, Hans Heinrich

Aus Romanistenlexikon
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Hans Heinrich Hinterhäuser (12.2.1919 Alzenau, Ufr. – 6.10.2005 Wien); Sohn des Gerichtsoberinspektors Josef Hinterhäuser u. der Maria geb. Spanheimer

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanische Philologie, bes. Literaturwissenschaft; Übersetzer u. Herausgeber

Volksschule Alzenau; 1929-37 Human. Gymn. Aschaffenburg; 1937 Abitur ebd.; 1937-41 Arbeits- u. Militärdienst; 1941/42 Stud. Rom. (Hans Rheinfelder; Gerhard Rohlfs; Theodor W. Elwert) u. Germ. (später auch Angl., Latein u. Sanskrit) München (m. Unterbr. durch Kriegsdienst u. Gefangenschaft); 1945/46 Würzburg (Franz Rauhut), WS 1946-49 Heidelberg; 29.10.1949 Prom. (Gerhard Hess) Heidelberg; 1949 Lektor f. Deutsch, Ca' Foscari Venedig; 1953 Lektor f. Ital. u. Deutsch Dolmetsch-Institut Heidelberg; 1954/55 Lektor f. Ital. Bonn; 1957/58 Lektor f. Deutsch Madrid; 29.6.1960 Habil. (Harri Meier) Bonn; 1.4.1962 o. Prof. Kiel; 1.4.1968 o. Prof. Bonn; 1971 GProf. Montevideo; 1972 o. Prof. Wien; Juni 1989 em.; 1967/68 Dekan Kiel; 1992/93 GProf. HU Berlin.

Mitgl. Österr. Akad. d. Wiss.; Korr. Mitgl. Real Academia Española.

Mithrsg. Italienische Studien, 1979f.; Junge Wiener Romanistik.

Autobiograph. Mitteilungen a. d. Österreichische Akademie. d. Wissenschaften, jetzt in: Ertler, Romanistik als Passion I, 191-199 (P; Auswahlbibl.).

Aufstieg und Krise der Vernunft: komparatistische Studien zur Literatur der Aufklärung u. des Fin-de-siècle; [Hans Hinterhäuser als FS zum 65. Geburtstag gewidmet von seinen Freunden, Kollegen und Schülern], Wien 1984 (Schrift.-Verz. 475-480).

Utopismus u. Wirklichkeit bei Diderot: Studien zum „Supplément au Voyage de Bougainville“, masch. 1949 (Diss.; gedr. als: Utopie und Wirklichkeit …, Heidelberg 1957); Italien zwischen Schwarz u. Rot, Stuttgart 1956; Die Episodios Nacionales von Benito Pérez Galdós, Hamburg 1961 (Habil.-Schr.; span. 1963); Moderne ital. Lyrik, Göttingen 1964; Fin de siècle. Gestalten u. Mythen, München 1977, auch span.; Spanien u. Europa, 1979; Streifzüge durch die romanische Welt, Wien 1989, Italienische Lyrik im 20. Jahrhundert, München 1990.

„Aber man würde selbst dem späten Hinterhäuser nicht gerecht, wollte man ihn nur als Hispanisten oder Iberoromanisten sehen. Seine Studien zur italienischen Lyrik des 20. Jahrhunderts oder zum französischen Roman der Jahrhundertwende zeigen, dass er bei aller Förderung der Hispanistik im besten Sinne Romanist geblieben ist, der zumindest für die drei größten Sprachen der Romania gleichermaßen kompetent war. Es scheint nur selbstverständlich, dass er so auch zur Komparatistik kommen musste, und tatsächlich ist sein international erfolgreichstes Werk vergleichend ausgerichtet: ,Fin de Siècle. Gestalten und Mythen‘ (1976) […] ein ,Klassiker‘ geworden. In den hier behandelten Themen – etwa in der Studie zum Dandy – zeigt sich wieder Hinterhäusers Tendenz, Literatur in den Kontext eines weiteren Kulturbegriffs einzubetten.

Das ist es wohl auch, was die Methode Hinterhäusers am besten charakterisiert: Der nach dem Krieg herrschenden Werkimmanenz hat er sich mit einem Buch wie Italien zwischen Schwarz und Rot diametral entgegengestellt; beeinflusst von Georg Lukács, ist als methodische Konstante in seinem Werk wohl am ehesten ein literatursoziologischer Ansatz zu erkennen, aber kein ausschließlicher; eher schon wird hier die Nähe zur Kulturanthropologie spürbar, lange ehe die ,anthropologische Wende‘ Einzug hielt. Als in den 60er Jahren die Mode der Theoriediskussion um sich greift, entzieht sich Hinterhäuser ihr jedoch: die reine Theorie, die allzu oft dann in der Anwendung Texte vergewaltigt, scheint ihm kein lohnendes Feld wissenschaftlicher Anstrengung, und sei es nur deshalb, weil sie schlecht kommuniziert, mühsam zu lesen ist. Wer je eine Vorlesung bei Hinterhäuser gehört, je einen seiner Texte gelesen hat, weiß, dass ihm gerade an dieser Kommunikation gelegen ist, daran, auch im Wissenschaftsdiskurs jenen Rest des Essayistischen und an ästhetischem Stil zu bewahren, der es erlaubt, literaturwissenschaftliche Texte nicht nur mit Erkenntnisgewinn, sondern auch mit einem gewissen Lustgefühl zu lesen“ (Rössner, 2006, VIII-IX).

CV; Wenig, Verzeichnis, 1968, 121; Michael Rössner, „Zum Tode eines ,philosophe‘ der deutschsprachigen Hispanistik“, Iberoromania 61, 2006, VII-IX; Kieler Gelehrtenverzeichnis (online; P).