Spitzer, Siegfried Leo

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Siegfried Leo Spitzer (7.2.1887 Wien – 16.9.1960 Forte dei Marmi b. Viareggio); Sohn des Forstbesitzers u. Holzfabrikanten Wilhelm Spitzer (1848-1919); Verwandter des humoristischen Feuilletonisten Daniel Spitzer (1835-1893)

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanische Philologie, bes. Stilistik

Besuch der Volksschule u. Franz-Josefs-Gymn. Wien; 1906/07-10 Stud. Rom. u. Philos. Wien; 1910/11 Paris (Sorbonne, École des Hautes Études, Collège de France, École des Langues Orientales); 1911/12 Leipzig; 19.4. / 6.5.1910 Prom. (Wilhelm Meyer-Lübke) Wien; 4.3.1913 Habil. Wien; 1913-18 PDoz. Wien, unterbrochen durch Kriegsdienst 1915-16; ab 1916 gleichzeitig tätig in der Zensurabt. d. Gemeinsamen Zentralnachweisebüros Wien als Leiter einer ital. Zensurgruppe; 1918 Umhab. Bonn; 1919 PDoz. mit LA f. Lit. u. Sprache d. iberischen Halbinsel; 1921 nb. ao. Prof. Bonn; 1925 o. Prof. Marburg u. Dir. d. Rom. Sem.; 1930 o. Prof. Köln; April 1933 aufgrund der Rassengesetze suspendiert; 1933 Prof. f. „europäische Philologie“ Istanbul; 1936 Prof. Johns Hopkins University Baltimore/Madison; 1946 Rückberufung nach Köln abgelehnt; 1956 em.

1955 Premio Feltrinelli d. Accad. Nazionale dei Lincei, Rom; 1956 Accad. dei Lincei, Rom; Accad. della Crusca Florenz; Rumän. Akad. d. Wiss.; korr. Mitgl. Akad. d. Wiss. Heidelberg; Hispanic Society New York.

Archivum Romanicum, Heft 31, 1937 (FS zum 50. Geburtstag); Studia philologica et litteraria in honorem L. Spitzer. Hrsg. von A. G. Hatcher u. K. L. Selig, Berlin 1958.

Die Wortbildung als stilistisches Mittel, exemplifiziert an Rabelais, Halle a. S. 1910 (Diss.); Fremdwörterhatz u. Fremdvölkerhaß. Eine Streitschrift gegen die Sprachreinigung, Wien 1918; Anti-Chamberlain. Betrachtungen eines Linguisten über Houston Stewart Chamberlains „Kriegsaufsätze“ u. die Sprachbewertung im allgemeinen, Leipzig 1918; Aufsätze zur romanischen Syntax u. Stilistik, Halle a. S. 1918, 1967; Studien zu Henri Barbusse, Bonn 1920; Die Umschreibungen des Begriffes „Hunger“ im Italienischen, Halle a. S. 1920; Italienische Kriegsgefangenenbriefe. Materialien zu einer Charakteristik der volkstümlichen italienischen Korrespondenz, Bonn 1921 (auch ital.); Italienische Umgangssprache, Bonn-Leipzig 1922; Puxi, eine kleine Studie zur Sprache einer Mutter, München 1927; Stilstudien, 2 Bde., München 1928, 1961; Romanische Stil- u. Literaturstudien, 2 Bde., Marburg 1931; Essays in Historical Semantics, New York 1948, 1968; Linguistics and Literary History. Essays in Stilistics, Princeton 1948, 1962; A Method of Interpreting Literature, Northampton, Mass. 1949; Critica stilistica e storia del linguaggio, ed. Alfredo Schiaffini, Bari 1954, 1966; Romanische Literaturstudien 1936-1956, Tübingen 1959; Interpretationen zur Geschichte der französischen Lyrik [Gastvorlesungen Heidelberg SS 1958]. Hrsg. von Helga Jauß-Meyer u. Peter Schunck, Heidelberg 1961; Essays on English and American Literature, ed. Anna Granville Hatcher, Princeton, N. J. 1962; Classical and Christian Ideas of World Harmony, Baltimore 1963.

„Während Spitzer also den rhetorischen Gestus des Positivismus benutzte, um seine ungebrochene Loyalität zu den nüchternen Prinzipien seiner akademischen Ursprünge herauszustellen, verrät die zunehmende Häufigkeit, mit der das Wort ,Stil‘ als (selbst-)beschreibendes Attribut auftaucht, seine wachsende Nähe zu Voßlers Position. 1922 bot der achtzigste Geburtstag des großen Linguisten Hugo Schuchardt, Emeritus der Universität Graz, Leo Spitzer die Möglichkeit, gleichsam als eine Liebeserklärung an einen potentiellen Adoptivvater innerhalb der akademischen Welt zu schreiben, den er sich als die Verkörperung einer Konvergenz zwischen Meyer-Lübke und Voßler vorstellen wollte. Auch wenn Spitzer aufgrund von Schuchardts Alter und dessen berühmter ostentativer Distanz gegenüber dem akademischen Alltag der Berufungen und Beförderungen auf keinerlei institutionelle Unterstützung durch ihn hoffen konnte, stellte er eine umfassende – und intellektuell beeindruckende – Auswahl von Schuchardts thematisch weit gestreuten (und wie es scheint: nicht leicht zugänglichen) Essays zusammen. Da Schuchardts Forschungen ihm den Respekt selbst der positivistischsten aller Sprachwissenschaftler eingebracht hatten, fühlte sich Spitzer nun frei, sein Werk als Paradigma jener Überleitung der Sprachanalyse in die Kulturwissenschaften zu rühmen, welche er nur zwei Jahre zuvor so harsch an seinem Rivalen Eugen Lerch verurteilt hatte“ (Gumbrecht, 2001, 33-34).

HSchA Nr. 10763-11215; Erich Köhler, RoJb 5, 1952, 37-40 (Schrift.-Verz.); Auerbach, Catalogus professorum academiae Marburgensis, 1979, 612; Christmann / Hausmann, Deutsche und österreichische Romanisten, 1989, 322-324 (Strobach-Brillinger); Hausmann, „Aus dem Reich“, 1993, 21-43, 145-169; LexGramm 1996, 877-878 (Edgar Radtke); Gumbrecht, Leo Spitzers Stil, 2001; LRL I, 2, 2001, 198-200 (Wolf-Dieter Stempel); Gumbrecht, Vom Leben und Sterben, 2002, 72-151; Leo Spitzers Briefe, 2006, XIII-XL (Einleitung Bernhard Hurch); Hausmann, „Vom Strudel“, 2008, 813-814, bes. 309-336; Bernhard Hurch, NDB 24, 2010, 722-724; Maas, Verfolgung u. Auswanderung, 2010, 762-786; Angela Bianchini, (Übers. u. Kommentar: Frank-Rutger Hausmann), „Rückkehr nach Johns Hopkins – Hommage an Leo Spitzer“, RZLG 35, 2011, 135-160.