Huber, Victor Aimé

Aus Romanistenlexikon
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Victor Aimé Huber (10.3.1800 Stuttgart – 19.7.1869 Werningerode); Sohn des Publizisten Ferdinand Huber (1764-1804) u. der Therese geb. Heyne (1764-1829), Redakteurin des Cottaschen Morgenblattes

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Anglistik; Romanistik, bes. italienische u. spanische Literatur u. Literaturgeschichte; Ästhetik

Besuch des Fellenbergschen Philantropins in Hofwil (Schweiz); 1816-20 Stud. d. Medizin u. Naturwissenschaften, später d. Neueren Sprachen Göttingen; 1820 Prom. (Dr. med.) Würzburg; 1820-28 Reisen durch Westeuropa; 1823-24 Aufenthalt in Edinburgh u. London; 1826 wieder in London; Herbst 1828 Lehrer d. Geschichte u. der Neueren Sprachen Handelsschule Bremen; 3.5.1833 o. Prof. d. Neueren Lit. u. Gesch. Rostock; Herbst 1836 der abendländ. Sprachen Marburg; 1839 u. 1843 Dekan; 3.3.1843 durch kgl. Kabinettsordre o. Prof. d. Neueren Philol. u. Literaturgesch. Berlin; 1844 wieder in England; 1851 Niederlegung seiner Professur, um sich ganz sozialkorporativen Gedanken zu widmen.

Sammlung spanischer Romanzen aus d. früheren Zeit, Aarau 1821; Skizzen aus Spanien, Göttingen-Bremen 1828-33; Geschichte des Cid, Bremen 1829; Teatro pequeño de elocuencia y poesia castellana con breves noticias biográficas y literarias. Spanisches Lesebuch. Auswahl aus der classischen Litteratur d. Spanier in Prosa u. in Versen nebst kurzen biografischen u. litterarischen Nachrichten u. einem vollständigen Wörterbuch. Zum Gebrauch für Schulen u. zum Privatunterricht, Bremen 1832; Poesie in Frankreich u. ihr Verhältnis zu der geistigen Entwicklung des französischen Volkes, Leipzig 1833.

„Im Falle Hubers ist es freilich so, daß die nicht-hispanistischen Aktivitäten schließlich überhandnehmen und ihn dem akademischen Bereich entfremden. Gleichzeitig geben sie seiner Lehrtätigkeit aber ein überraschend modernes Gepräge. Während seiner zahlreichen längeren Auslandsaufenthalte im westlichen Europa trifft Huber nicht nur Gelehrte und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens […], ihm wird dabei auch klar, daß aus Handbüchern erworbene Sprachkenntnisse nicht ausreichen. Als er wenige Jahre später als Ordinarius a u c h Sprachen unterrichtet, verfügt er über eine damals ungewöhnliche Vertrautheit mit dem realiter gesprochenen Spanischen, Italienischen, Französischen, Englischen und Portugiesischen. Hubers Interesse gilt zugleich immer auch den politisch-sozialen Zuständen der von ihm besuchten Länder. Seine Vorlesung über spanische Zeitgeschichte etwa ließe sich heute unter ,Landeskunde‘ subsumieren. Wie gut Huber die ausländischen Verhältnisse kennt, zeigt auch die Tatsache, daß seine Skizzen aus Spanien in mehrere Fremdsprachen übersetzt werden und die zweibändige Abhandlung über Die englischen Universitäten im zeitgenössischen England eine Art Standardwerk wird. Bedenkt man, daß um 1900 die Aufgaben der neuphilologischen Fächer dergestalt umdefiniert werden, daß der – möglichst auf eigener Anschauung beruhenden – Kenntnis des kulturellen Kontextes der jeweiligen Sprache und Literatur besonderes Gewicht beigelegt wird, so kann V. A. Huber hierin als Vorläufer und Anreger gelten“ (Rodiek, 1989, 92).

Risop, Die romanische Philologie, 1910, 116, bes. 65-81; Rudolf Elvers, ADB 13, 1881, 249-258; Hans Joachim Schoeps, NDB 9, 1972, 688; Ingwer Paulsen, Victor Aimé Huber, Berlin 21956 (Schrift.-Verz.); Helmut Faust, Ursprung und Aufbruch der Genossenschaftsbewegung, Neuwied 1958 (P); Christoph Rodiek, „Die hispanistischen Forschungsschwerpunkte Victor Aimé Hubers“, in: Tietz, Das Spanieninteresse, 1989, 79-92; Renate Haas, V. A. Huber, S. Immanuel und die Formationsphase der deutschen Anglistik, Frankfurt a. M. 1990; Haenicke / Finkenstaedt, Anglistenlexikon, 1992, 143-144; Kalkhoff, Romanische Philologie, 2010, 354.