Gass, Karl Eugen

Aus Romanistenlexikon
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Karl Eugen Gass (21.3.1912 Kassel – gefallen 18.9.1944 im Raum Eindhoven); Sohn des Oberlehrers für Mathematik, Physik u. Deutsch Karl Gass

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanische Philologie, bes. Literaturwissenschaft

Stud. Rom. u. Germ. Bonn; 1935 Prom. (Ernst Robert Curtius); 1937/38 Stipendiat d. Scuola Normale Superiore di Pisa; Abt.-Assist. im Kaiser-Wilhelm-Institut f. Kunstgeschichte Rom; Arbeit an einer Habil.-Schr.

Pisaner Tagebuch. Aufzeichnungen und Briefe. Aus dem Nachlass eines Frühvollendeten. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen v. Paul Egon Hübinger, Heidelberg 1961 (auch ital.).

Antoine de Rivarol (1753-1801) u. der Ausgang der französischen Aufklärung, Hagen 1938; Die Idee der Volksdichtung u. die Geschichtsphilosophie der Romantik: (zur Interpretation des Briefwechsels zwischen den Brüdern Grimm und Achim von Arnim), Wien 1940; Das Antlitz Italiens, Essen 1943.

„In der Öde des Mili­tär­dien­stes fand Gass allein im Geistigen Trost: in den täglichen Briefen an seine Frau, in der Lektüre der deutschen, deutsch-österreichischen, fran­zösischen und italienischen Klassiker, beim Über­setzen aus dem Italie­ni­schen und Fran­zösischen, bei geistes­wissenschaftli­chen Metho­denre­fle­xio­nen, bei Plä­nen zur Mitarbeit an der inzwischen von seinem Bekannten, dem Dichter Bernt von Heiseler, her­ausge­gebenen ,Corona‘, für die er Essays über Ernst Jünger und Maurice de Guérin ver­fassen wollte. In Curti­us sah er sei­nen Meister und Ziehva­ter. Begeistert schrieb er Heise­ler: ,Wie soll ich Ihnen auf ein paar Zeilen ein Bild von dem Mann entwer­fen, dem ich mich mit meinem ganzen geistigen Sein aufs engste ver­bunden fühle‘. Diese un­ver­brüch­liche Treue zu seinem Lehrer, die sich im Krieg noch ver­stärkte, bot ihm Halt und gab ihm Mut. Sobald er Front­urlaub hatte, be­suchte er ihn in Bonn und tauschte sich menschlich und wissen­schaftlich mit ihm aus. Stets träumte er von einer Hoch­schul­leh­rerkar­riere in Friedenszeiten. Kol­lektive Euphorien waren ihm ein Greuel, selbst ein Kir­chenbe­such wegen des engen Gedrängt­seins in einer Men­schen­menge eine Pein; er flüchtete sich in intel­lek­tuelle Zweisam­keit, sei es mit seiner Frau, sei es mit dem verehrten Lehrer. Das kann man zwar keinen aktiven Wider­stand nen­nen, aber doch Widerständigkeit. Diese Ver­weige­rung unter­streicht die banale Einsicht, daß äußerer Zwang einen Men­schen zwar verän­dern, aber nicht unbe­dingt beugen und brechen kann. Wenn bedeutende Gelehrte sich dadurch auszeichnen, daß ihre Schüler sie an Meisterschaft gelegentlich übertreffen, dann war der geistige Austausch zwischen Ernst Robert Curtius und Karl Eugen Gass ein solch glücklicher Ausnahmefall. Hätte Gass den Krieg überlebt, wären, so das Urteil angesehener Romanisten wie Fritz Schalk und Hugo Friedrich, von ihm sicherlich wesentliche Impulse zur Erneuerung der deutschen Nachkriegsromanistik ausgegangen“ (Hausmann, 2007, 40).

Hausmann, „,Diesen Winken muss man bescheiden und treu nachgehen‘. Der Briefwechsel des Romanisten Ernst Robert Curtius mit seinem Schüler Karl Eugen Gass erhellt die problematischen Methoden der Exzellenzkultivierung an der Ordinarienuniversität“, FAZ Nr. 241, 17. Oktober 2007, 40; Hausmann, „Meister, Schüler und Meisterschüler. Ernst Robert Curtius (1886-1956). Karl Eugen Gass (1912-1944)“, RZLG 31, 2007, 407-436; Ernst Robert Curtius / Karl Eugen Gass, Carteggio e altri scritti. Hrsg. von Stefano Chemelli e Mauro Buffa, Lavis: La Finestra Editrice, 2009; Curtius, Briefe aus einem halben Jahrhundert, 2015, 672.