Mahn, Karl (Carl) August Friedrich

Karl (Carl) August Friedrich Mahn (9.9.1802 Zellerfeld, Harz – 27.1.1887 Steglitz)

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanistik, bes. Provenzalistik; Anglistik

Stud. Collegium Carolinum Braunschweig, Göttingen u. Berlin; 1828f. Privatlehrer u. Privatgelehrter Berlin; 1857 Mitbegr. d. Berliner Ges. f. d. Studium der neueren Sprachen; 1872–80 Lehrer Akad. f. moderne Philol. Berlin; 1873 Professorentitel.

Schüler: Paul Heyse, Karl Bartsch, Konrad Hofmann.

Die Werke der Troubadours in provenzalischer Sprache, 4 Bde., Berlin 1846–1886, Nachdruck Genf 1977; Gedichte der Troubadours in provenzalischer Sprache, Berlin 1856–1864, Nachdruck Genf 1977; Denkmäler der baskischen Sprache, Berlin 1857, Nachdruck Oosterhout 1967; Über Entstehung, Bedeutung, Zweck u. Ziele der romanischen Philologie, Berlin 1863; Die Biographien der Troubadours in provenzalischer Sprache, Berlin 21878; Grammatik u. Wörterbuch der altprovenzalischen Sprache, Köthen 1885.

„Arbeiten zur altprovenzalischen Sprache sind aus den letzten Jahren bis Ende 1890 nur wenige vorhanden. Der inzwischen verstorbene greise Forscher Prof. Dr. A. MAHN hatte seit Jahren ein umfassendes Werk: ,Grammatik und Wörterbuch der altprovenzalischen Sprache‘ vorbereitet, 1885 erschien davon die erste Abteilung: ,Lautlehre und Wortbiegungslehre‘. Leider bekundet seine Darstellung eher einen Rück- als einen Fortschritt in der Methode wissenschaftlicher Sprachkenntnis und ist darum für Anfänger durchaus unbrauchbar. Nur für den Kenner des Provenzalischen hat das mit Fleiß zusammengetragene, kritisch allerdings wenig gesichtete Material einigen Wert. Eine Verarbeitung, ja selbst nur eine Erwähnung der seit Diez‘ sorgfältiger Behandlung zahlreich erschienenen Einzelforschungen über die Sprache der Trobadors ist nirgends ersichtlich. So ist denn auch nach dem übereinstimmend ablehnenden Urteil aller Sachverständigen über die erste Abteilung von der Veröffentlichung der weiteren Abstand genommen worden“ (KrJb 1, 1890, 290 [Stengel]).
„Mahn argumentiert nicht mehr ideologisch, er argumentiert pragmatisch-institutionell. Die Totalitätshorizonte Wissenschaftlichkeit und gesellschaftliche Relevanz sind bereits abgesteckt. Der Begriff der Romanischen Philologie schwankt nicht mehr im Grenzbereich zwischen einem empirisch-positivistischen und einem hermeneutisch-idealistischen Wissenschaftsbegriff, Wissenschaftlichkeit ist nun über die Parameter der positiven Wissenschaften bestimmbar geworden. Sie hat den Kontext der philosophischen Spekulation verlassen, für die Konnotations- wie auch die Denotationsebene des Begriffs ,Wissenschaft‘ scheint der epistemische Wandel und damit die Neukonstitutionierung von semantischen frames um den Begriff der Wissenschaft, der nun über die in den Texten wirkenden Diskurse geregelt und als Wissensrahmen abgerufen werden kann, vollzogen. […]

Mahns Rede reflektiert diesen Vorgang, die Romanische Philologie hat ihr ,hochzeitliches Kleid‘ gefunden, jetzt gilt es ihren Status als akademisches Fach auf ein professionelles Niveau anzuheben. Dies betrifft aber nicht mehr die ideologische Seite der Diskussion um die Konzeption der Romanischen Philologie, sondern die Praxis. Mahn argumentiert folglich als Hochschuldozent, dem es nicht mehr um Anerkennung seines Objektbereiches als forschungswürdig geht, sondern um Anerkennung seines Objektbereiches in Form von Ausstattung. Wie pragmatisch er dabei vorgeht, zeigt seine Abhandlung: Seine Vorschläge enthalten ein vollständiges Curriculum für das Studium der Romanischen Philologie, Forderungen nach Gesellschaften, die die Romanische Philologie über populärwissenschaftliche Vorträge dem Laien näherbringen und die in der Lage sind, Kommunikationsplattformen wie Zeitschriften mitzufödern […]. Mahns Vorstellung einer universitären, professionalisierten Disziplin ,Romanische Philologie‘ deckt sich nahezu mit der Beschreibung der Kriterien, die Stichweh 2006 für die Theoretisierung wissenschaftlicher Systeme nennt“ (Wolf, 2012, 256–257).

Christmann, „Programmatische Texte“, 1986, bes. 660–661; Wolf, Kontinuität und Wandel, 2012, 254–259.

Zuletzt geändert am 22. Mai 2016 um 18:46