Jacob [Jakob] Ludwig Karl Grimm (4.1.1785 Hanau – 20.9.1863 Berlin); Sohn des Amtmanns Philipp Wilhelm Grimm
Verf. | Frank-Rutger Hausmann |
Sprach- u. Literaturwissenschaftler
1816 Bibliothekar in Kassel; 1830-37 Prof. Göttingen; 1851 Mitgl. d. Preuß. Akad. d. Wiss. u. Prof. Berlin.
„Parallel zu den germanistischen sprachwissenschaftlichen und literarhistorischen Untersuchungen hatte Grimm nur zu oft Fragestellungen im Visier, die sich besonders auf Probleme bezüglich altromanischer Literatur stellten. Mit Blick auf Friedrich Diez schätzt Kabilinski ein: ,[…] Grimm bleibt der Leitstern, der ihm bei seiner Lebensarbeit ständig den Weg gewiesen hat‘. Das setzte schon ein, als sich Grimm und Diez unabhängig voneinander mit altspanischen Liedern, der romantischen Ästhetik im Zeitgeschmack folgend, befaßten, sie abschrieben und zur Veröffentlichung vorbereiteten. Hierin kam Grimm allerdings dem jungen Göttinger Studenten zuvor; die Silva de romances viejos war 1815 in Wien erschienen und überraschte Diez in einer gleichgelagerten, daraufhin unveröffentlicht gebliebenen Arbeit Silva de canciones viejas. Diez begnügte sich schließlich mit einer Übersetzung seiner Texte ins Deutsche, die 1818 unter dem Titel Altspanische Romanzen in Frankfurt am Main erschien. Mit Grimm teilte Diez die Achtung vor der Volks- oder natürlichen Poesie. Während Tieck, Schlegel und Brentano Meisterwerke der spanischen Literatur ins Deutsche übertrugen, erschloß sich Grimm die spanischen Volkserzählungen. Es kann jedoch nicht oft genug betont werden, daß sich dieses Grimmsche Interesse in ein größeres, umfassenderes Interesse an den Volksbüchern anderer europäischer Nationen im Sinn der vergleichenden Literaturgeschichte einordnete“ (Storost, 2001, I, 204).
„Sprachlichen Studien ist Jacob Grimm nie fremd geworden. Während die Wirkung seiner Deutschen Grammatik sich bei allen romanischen Sprachforschern dieser Jahre geltend machte, trug er selbst in einigen Arbeiten zur direkten Förderung romanischer Linguistik bei. In seinen Reiseeindrücken, in denen er sich von allen lateinischen Tochtersprachen für die italienische ihres hohen Wohllautes wegen erklärte, machte er einige sprachliche Bemerkungen. Ihn interessiert besonders ,das ergiebige und schwierige Verhältnis der romanischen Sprachen zu den lateinischen‘, das ihm selbst durch den gründlichen Forscher Diez noch nicht nach allen Seiten erschöpfend erscheint. In einem Exkurs versucht er, das italienische andare neben dem französischen aller zu erklären. Die Etymologie dieser beiden Worte reizt ihn so, daß er in seiner Schrift Diphthonge dieselbe in sehr ausführlicher, wenn auch wenig fruchtbarer Weise wieder aufnimmt. Er behandelt hier überhaupt eingehender die Verben, die den Begriff des Gehens in den romanischen Sprachen ausdrücken“ (Richert, 1913, 88).
Risop, Die romanische Philologie, 1910, 19-21; Richert, Die Anfänge, 1914, 87-93; Fritz Kabilinski, Jakob Grimm als Romanist. Ein Beitrag zur Geschichte der romanischen Philologie in Deutschland, Gleiwitz 1914; Wolfgang Sykorra, Friedrich Diez’ Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen u. seine Quellen, Bonn 1973, bes. 142-148; Storost, 300 Jahre, 2001, II, 440, bes. I, 202-205.