Max Leopold Wagner (17.9.1880 München – 9.7.1962 Washington); Sohn des Kaufmanns Max Wagner u. der Leopoldine Wagner

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanische Philologie, bes. Sardisch

1899 Abitur Neuburg a. d. Donau; 1899-1904 Stud. Neuere Sprachen u. Allg. Sprachwiss. München, Würzburg, Paris u. Florenz; 1902-04 1. StE. Franz. u. Engl.; 1907 Prom. (Adolf Tobler) Würzburg; 1907-10 Oberlehrer an den Deutschen Schulen Istanbul; 1.1.1912-1.4.1913 Wiss. Mitarb. am Hamburgischen Kolonialinstitut; Lehrer in Mexiko; Juni 1915-1.4.1917 Wiss. Hilfslehrer Fichtegymn. Berlin-Wilmersdorf; 1915 Habil. (Heinrich Morf) FWU Berlin; 1921 LA f. Span.; 1922 ao. Prof. Berlin; 1924 wegen § 175 entlassen; lebte danach als Privatforscher in Italien u. führte Aufträge f. das AA aus; 1947 Prof. Coimbra; gleichz. GProf. Univ. of Illinois; 1951 Übersiedlung nach Washington DC, eingeladen von seinem Freund u. Gönner Raphael G. Urciolo.

1951 Società Nazionale di Scienze in Neapel; 1952 Accad. della Crusca, Firenze; 1954 korr. Mitgl. Bayer. Akad. d. Wiss.; 1956 Deputazione di storia patria per la Sardegna.

Lautlehre der südsardischen Mundarten. Mit besonderer Berücksichtigung der um den Gennargentu gesprochenen Varietäten, Halle a. S. 1907 (Diss.); La poesia popolare sarda, Cagliari 1907; Beiträge zur Kenntnis des Judenspanischen von Konstantinopel, Wien 1914 (Habil.-Schr.); Die „Rimas Spirituales“ von Girolamo Araolla nach dem einzigen erhaltenen Exemplar der Universitätsbibliothek in Cagliari, Dresden 1915; Das ländliche Leben Sardiniens im Spiegel der Sprache, Heidelberg 1921 (Beiheft 4 zur Wörter u. Sachen); Die spanisch-amerikanische Literatur in ihren Hauptströmungen, Leipzig 1924; Jean Lemaire de Belges um 1473–1515: Dichtungen, Berlin 1924 (in Zusammenarbeit mit Erhard Lommatzsch); Methodologie du Français, Berlin 1924 (in Zusammenarbeit mit Erhard Lommatzsch); Studien über den sardischen Wortschatz: (I. Die Familie – II. Der menschliche Körper), Genève 1930; Restos de Latinidad en el Norte de África, Coimbra 1936; Historische Lautlehre des Sardischen, Halle 1941; Historische Wortbildungslehre des Sardischen, Bern 1952; Dizionario etimologico sardo, 3 Bde., Heidelberg 1960ff.

„Seinen Ruf begründete er durch seine grundlegenden sardistischen Forschungen, für die er in seinem Streben nach wissenschaftlicher Unabhängigkeit und Individualität – Vossler nannte ihn einen ,caballero andante e ingenioso hidalgo della filologia‘ – die allerbesten Voraussetzungen hatte. Der auch menschlich in seinem Forschungseifer bemerkenswerte Wagner war ein geselliger, humorvoller, dem guten Essen und Trinken freudig ergebener Mensch, der überall schnell Kontakt fand und diese Kontaktfreudigkeit nutzte, sich zahlreiche gesprochene Sprachen anzueignen, die es ihm ermöglichten, seinen eigenen, spontan empfundenen Interessen zu folgen und einen großen Fächer sprach- und literaturwissenschaftlicher Gebiete zu bearbeiten. Auf dem Gebiet der Hispanistik hatte er sich intensiv mit den spanischen Sprachen und Literaturen Südamerikas beschäftigt, so daß er sich auch hier für ein spanisches Wörterbuch bestens empfohlen hatte.

Dennoch verhielt sich Wagner zögerlich, fürchtete er doch, daß er bei Übernahme einer so großen Aufgabe keine Zeit mehr fände für die Bearbeitung seines umfangreichen sardischen materials“ (Storost, 2001, I, 315).

„Neben dem Sardischen steht eine Fülle von Aufsätzen und Monographien zu allen möglichen Themen der mediterranen Kulturlandschaft, vom Portugiesischen bis zum Türkischen und Arabischen, methodisch besonders im Bereich der Etymologie, Namenskunde und Wortbildung angesiedelt, wo er inbesondere der formalen Integration heterogenen Wortguts in eine ,Volkssprache‘ nachgeht. Ein besonderer Forschungsbereich ist das Judenspanische […], das für ihn eine wirkliche Volkssprache in der (städtischen) Türkei ist, im Gegensatz zur französischen Oberschichtkultur. Die in einem erstaunlich breiten und heterogenen sprachlichen Horizont entwickelte etymologische Aufbereitung der von ihm erhobenen Texte zeigt auch das Bemühen, den kulturellen Ausdrucksformen des ,einfachen Volkes‘ zu einer symbolischen Präsenz in der Bildungswelt zu verhelfen. Später spricht er auch von der ,ganze[n] primitive[n] Kultur eines Sprachraums‘ als seinem Forschungsgegenstand“ (Maas, 2010, I, 850).

HSchA Nr. 12578-12588; Gerhard Rohlfs, Nachruf, ZrP 78, 1962, 621-627; Yakov Malkiel, in: Thomas A. Sebeok, Portraits of Linguistis. A Biographical Source Book for the History of Western Linguistics, 1746-1963, Bloomigton/London 1966, 2, 463-474; Malkiel, Linguistics, 1972, 167, bes. 23-25, 38-40; LexGramm 1996, 987 (Heinz Kröll); Storost, 300 Jahre, 2001, II, 454, bes. I, 313-320; Giovanni Masala, „Max Leopold Wagner: Ein Kurzporträt“, in: Wagner, Reisebilder aus Sardinien, Stuttgart 2003, 166–184; Dirk Naguschewski, „Ungeklärte Umstände. Warum der Berliner Romanist Max Leopold Wagner 1925 die Universität verließ“, Trajekte. Zeitschrift d. Zentrums für Literatur- u. Kulturforschung 20, 2010, 46–51; Ders., „Der ,bedeutendste Sardologe aller Zeiten‘ – Zur Renaissance Max Leopold Wagners“, Italienisch 61, Mai 2009, 190-195; Kalkhoff, Romanische Philologie, 2010, 153-154; Maas, Verfolgung und Auswanderung, 2010, I, 848-854; BBF, Archivdatenbank.

Zuletzt geändert am 28. Mai 2016 um 08:45