Adolf Tobler (24.5.1835 Hirzel, Kt. Zürich – 18.3.1910 Berlin); Sohn des Pfarrers Salomon Tobler (1794-1878) u. der Ursula Hirzel; Bruder des Arztes Salomon (1822-1954) u. des Germanisten Ludwig Tobler (1827-1895)

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanische Philologie

Primarschule Embrach; Matura Gymn. Zürich; Stud. Rom. Zürich u. Bonn (Friedrich Diez; Nicolaus Delius); 1857 Prom. (Ludwig Ettmüller [?]) Zürich; 1857-67 Kantonsschule Solothurn bzw. Kantonsschule Bern; zwischenzeitlich Reisen nach Italien u. Paris; 1867 Habil. (Albert Schaffter) Bern; 1867 o. Prof. Berlin

28.7.1881 o. Mitgl. Preuß. Akad. d. Wiss. Berlin; 1892 Ausw. Mitgl. Rumän. Akad. d. Wiss. Bukarest; 1909 Ausw. Mitgl. d. Académie des Inscriptions; Korr. Mitgl. d. Bayer. u. d. Wiener Akad. d. Wiss.; 16.8.1906 Ausw. Mitgl. Accademia dei Lincei.

Begr. Altfranzösisches Wörterbuch (Tobler-Lommatzsch), 1915-2008.

FS Tobler. Zum Siebzigsten Geburtstage, dargebracht von der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen, Braunschweig 1905.

Darstellung der lateinischen Conjugation u. ihrer romanischen Gestaltung: Nebst einigen Bemerkungen zum provenzalischen Alexanderliede, Höhr-Zürich 1857 (Diss.); Gedichte von Jehan de Condet nach der casanatensischen Handschrift, Stuttgart 1860; Aus der Chanson de geste von Auberi nach einer vaticanischen Handschrift, Leipzig 1870; Li dis dou vrai aniel. Die Parabel von dem ächten Ringe. Französische Dichtung des dreizehnten Jahrhunderts, aus einer Pariser Handschrift zum ersten Mal herausgegeben, Leipzig 1871; Vom französischen Versbau alter u. neuer Zeit. Zusammenstellung der Anfangsgründe, Leipzig 1880; Vermischte Beiträge zur französischen Grammatik, 5 Bde., Leipzig 1886-1912.

„Toblers vehementer Protest gegen die seit der sogenannten ,Reformperiode des neusprachlichen Unterrichts‘ immer stärker werdenden Forderungen nach einer Abwendung von der Sprachgeschichte und einer Beschäftigung mit der nicht nur geschriebenen, sondern auch gesprochenen Sprache der Gegenwart ist Ausdruck eines Paradigmenwechsels, den der alt gewordene Gelehrte (dem die Gegenwartssprache im übrigen keineswegs unvertraut war) kaum aufhalten konnte. Vergleicht man Toblers programmatische Stellungnahmen zur Definition und zu den Aufgaben der romanischen Philologie mit der 1889 gehaltenen Zürcher Antrittsvorlesung seines Berliner Nachfolgers Heinrich Morf, dann treten die epistemologischen Verschiebungen deutlich hervor. Beklagt Tobler im selben Jahr, dass in den universitären Examina ,Mangel an wissenschaftlicher [d.h. sprachhistorischer] Durchdringung des Lehrgegenstandes durch Fertigkeiten im Sprechen und Kenntnis neuester Literatur ausgeglichen werden‘ dürfe, so vertritt Morf die These, dass der neusprachliche Unterricht ,nicht länger auf der antiquierten mittelalterlichen Sprachbetrachtung beruhen‘ dürfe, sondern ,sich auf die heutigen Anschauungen von der Natur der Sprache und des sprachlichen Geschehens gründen‘ solle: […] Es ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen, dass mit der fünf Jahre nach Toblers Tod erfolgten Publikation des ersten Faszikels des Altfranzösischen Wörterbuchs (1915) ein wesentlicher wissenschaftlicher Ertrag des sprachhistorischen 19. Jahrhunderts erst in einem Moment sichtbar wurde, in dem mit dem gewaltigen Atlas linguistique de la France (1902-1910) die dann in mehreren Schüben vollzogene Hinwendung der Romanistik zur synchronischen Sprachbetrachtung ihren das 20. Jahrhundert bestimmenden Weg nahm“ (Lebsanft, 2009, 94).

HSchA Nr. 11706-11727; Erhard Lommatzsch, Worte des Gedächtnisses für Adolf Tobler, Berlin 1910; Risop, Die romanische Philologie, 1910, 91-105; Heinrich Morf, Gedächtnisrede auf Adolf Tobler, Berlin 1911 (aus: SB der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften, 1911); Homeyer, Zumbini, 1982, 81-91; Doris Jakubec / ASCH, hls (online); LexGramm 1996, 920-921 (Hermann Krapoth); Franz Lebsanft, „Adolf Tobler (1835-1910): ,Der gesamte Reichtum der Menschennatur‘“, in: Bähler / Trachsler, Portraits, 2009, 61-95 (P); „Ursula Bähler, „Adolf Tobler (1835-1910). II: ,La philologie en contexte‘“, ebd.; 99-137; Wolf, Kontinuität u. Wandel, 2012, 359-378; Fryba-Reber, Philologie et linguistique romanes, 2013, 384, bes. 113-115, 184-188, 219-220.

Zuletzt geändert am 28. Mai 2016 um 08:19