Erhard Lommatzsch (2.2.1886 Dresden – 20.1.1975 Frankfurt a. M.); Sohn des Sächsischen Oberforstmeisters Wilhelm Lommatzsch

Verf. Frank-Rutger Hausmann

Romanische Philologie, bes. Sprachwissenschaft u. Altfranzösisch

1904 Reifezeugnis Humanist. Gymn. Wurzen; 1904–05 Militärdienst Dresden; 1905–10 Stud. Klass. Phil., Germ. u. Rom. Berlin; 17.10.1910 Prom. (Adolf Tobler) Berlin ; 1913 Habil. (Heinrich Morf) ebd.; 1917 etatmäß. ao. Prof. Berlin; 1921 o. Prof. Greifswald; 1928 o. Prof. Frankfurt a. M.; 1956 em.

o. Mitgl. d. Straßburger Wiss. Ges. a. d. Univ., Frankfurt a. M.; 1937 korr. Mitgl. Deutsche Akad. d. Wiss. Berlin; 1949 Akad. d. Wiss. u. d. Lit. Mainz; 1952 Bayer. Akad. d. Wiss.; 1960 Ehrenmitgl. Modern Language Association of America; 1972 assoz. Mitgl. Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (Institut de France).

ZfSL LXVI, 1956 (E. L. anläßlich seines 70. Geburtstags am 2. Februar 1956 gewidmet) (P); Philologica romanica, E. L. gewidmet. Hrsg. v. Manfred Bambeck u. Hans Helmut Christmann, München 1975 (P; Schrift.-Verz. 441–444).

System der Gebärden, dargestellt auf Grund der mittelalterlichen Literatur Frankreichs, Berlin 1910 (Diss.); Worte des Gedächtnisses für Adolf Tobler, Berlin 1910; Ein italienisches Novellenbuch des Quattrocento. Giovanni Sabadino degli Arientis „Porretane“, Halle a. S. 1913 (erw. Antrittsvorl.); Gautier de Coincy als Satiriker, Halle a. S. 1913 (Habil.-Schr.); Provenzalisches Liederbuch: Lieder der Troubadours mit einer Auswahl biographischer Zeugnisse, Nachdichtungen u. Singweisen, Berlin 1917 (Habil.-Schr.); Beiträge zur älteren italienischen Volksdichtung, Untersuchungen u. Texte, 4 Bde., 1950–1963; Tobler-Lommatzsch, Altfranzösisches Wörterbuch. Adolf Toblers nachgelassene Materialien bearbeitet u. mit Unterstützung der Preuss. Akad. d. Wiss. hrsg. v. Erhard Lommatzsch, 12 Bde., 1925[1915]-2008 (fortges. v. Hans Hemut Christmann, Richard Baum u. Willi Hirdt).

„Erhard Lommatzsch war mehr als der Nestor der deutschen Romanistik. Er war ein Philologe von Gottes Gnaden, der letzte, der die große Tradition eines Diez und eines Tobler noch persönlich verkörperte, ein eminenter, von seinen Schülern verehrter Lehrer und vor allem ein in seiner inneren Ausgeglichenheit und Heiterkeit seltener Mensch. Man konnte vieles von ihm lernen, aber dies war vielleicht das Hervorstechendste: «certaine gayeté d‘esprit conficte en mespris des choses fortuites », wie er es mit den Worten Rabelais‘ ausdrückte und Kollegen wie Studenten empfahl. Im Lauf von 65 Jahren unermüdlicher Arbeit verfaßte Lommatzsch ein imponierendes, vielfältiges Werk; und doch gehörte er zu denjenigen Gelehrten, die nicht gänzlich in ihren Schriften faßbar werden, sondern als akademische Lehrer und bei persönlicher Begegnung einen noch viel größeren geistigen Reichtum offenbaren. Mit der ihm eigenen Verschmitztheit sagte er einmal, eigentlich sei er immer nur zur Hälfte Philologe gewesen, aber dafür verstehe er zum Beispiel etwas von Raffael. Kunst war für ihn die Schwester der Philologie […].

Erhard Lommatzsch pflegte zu sagen, bei der starken Inanspruchnahme durch das Wörterbuch habe er sich die Zeit zu anderen Arbeiten stehlen müssen. Aber da er Einseitigkeit fürchtete, war er stets bemüht, auch in seinen Publikationen den Blick über den altfranzösischen Wortschatz hinaus zu richten. Eine stattliche Reihe von Schriften legt davon Zeugnis ab. Da ist zunächst die von ihm zusammen mit Max Leopold Wagner gleich nach dem ersten Weltkrieg herausgegebene Sammlung Romanische Texte, die dem Mangel an Lektüre für den akademischen Unterricht abhelfen wollte; für sechs der mit reicher Bibliographie und meist mit ausführlichem Glossar ausgestatteten Editionen zeichnete Lommatzsch verantwortlich. Seine weiteren Arbeiten erstrecken sich im wesentlichen auf drei Gebiete: ältere französische Literatur und Sprache, Provenzalistik und ältere italienische Literatur. […]“ (Christmann, 1975, 717–18 u. 722).

HSchA Nr. 06609–06610; Manfred Bambeck, Forschungen u. Fortschritte 40, 1966, 62f. (P); Hans Helmut Christmann, „Erhard Lommatzsch zum Gedenken“, ZrP 91, 1975, 717–726; W. Th. Elwert, NDB 15, 1987, 143f.; Storost, 300 Jahre, 2001, II, 445, bes. I, 330–339; Erfurt, „Romanistik in Frankfurt am Main“, 2001, 54–56; Welker, Lexikon Greifswalder Hochschullehrer, 2004, 147–148: Frank Estelmann/Olaf Müller, „Angepasster Alltag in der Germanistik und Romanistik“, in: Kobes, Frankfurter Wissenschaftler, 2008, 33–60, bes. 45–50 (P); Hammerstein, Die Johann Wolfgang Goethe-Universität 1, 1989, 902; bes. 151; 2, 2012, 975, bes. 278ff.

Zuletzt geändert am 22. Mai 2016 um 18:18