Friedrich Christian Diez (15.3.1794 Gießen – 29.5.1876 Bonn); Sohn des Kommissionrats Friedrich Jakob Diez (1760-1846)
Verf. | Frank-Rutger Hausmann |
Romanische Philologie (Diez gilt als Begründer der Disziplin)
Gymn. Gießen; 1811-13 Stud. Theol., Jura (Carl Theodor Welcker) u. Neuere Sprachen Gießen; 1814 Teilnahme als Freiwilliger am Frankreichfeldzug; 1816-18 Weiterstud. Gießen u. Göttingen; 1818-19 Bibliothekar Darmstadt, Hauslehrer Utrecht (Familie Hinlopen); 1824 Bibliotheksaufenth. Paris; 1821 Prom. Gießen; 1821 Lehrer d. ital., span. u. portug. Sprache U Bonn; 1822 Habil.; 1823 ao. Prof. „für mittlere u. neuere Literaturen“; 1830 o. Prof. - Nach ihm wurde die 1890 errichtete Diez-Stiftung benannt, die alle vier Jahre einen Preis für herausragende Arbeiten aus dem Gebiet der Rom. Sprach- u. Literaturwiss. aussetzte.
1845 Korr. Mitgl. d. Berliner Akad. d. Wissenschaften, 1845; 1872 Auswärt. Mitgl.
Altspanische Romanzen besonders vom Cid und Kaiser Karls Paladinen. Uebers. v. Fr. Diez, Berlin 1821 (Diss.); Beiträge zur Kenntniß der romanischen Poseie: Über die Minnehöfe, Berlin 1825; Die Poesie der Troubadours, Zwickau 1826; Leben und Werke der Troubadours. Ein Beitrag zur näheren Kenntniß des Mittelalters, Zwickau 1829; Grammatik der romanischen Sprachen, 3 Bde., 1836-43; 51882; Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen, Bonn 1853.
„Heute ist unser Verhältnis zu Diez ein anderes. Fast siebzig Jahre sind seit seinem Tode verflossen. Sein wissenschaftliches Lebenswerk ist historisch geworden, und d. h. aufgesogen vom Fortschritt der Forschung. Es gehen keine Strahlungskräfte von ihm aus. Ein Vergleich mag das verdeutlichen. 1936 waren hundert Jahre seit dem Erscheinen des ersten Bandes von Diezens Romanischer Grammatik verflossen. Der damals 70jährige Schweizer Romanist Gauchat schilderte aus diesem Anlaß Diezens wissenschaftliche Bedeutung [=VRom I, 1936, IIIf.]. Er berichtet, daß er in seinen Studentenjahren Diezens Grammatik ,wie einen Roman‘ gelesen habe. Das wird im verflossenen Halbjahrhundert kaum noch jemand getan haben. Aber wenn wir heute zu Diez in einer größeren geschichtlichen Distanz stehen, so bedeutet das keine Abnahme des Interesses, sondern eine Verschiebung der Perspektive. Was das 19. Jahrhundert streng trennte – die Persönlichkeit eines Gelehrten und seine wissenschaftliche Leistung –, das betrachten wir heute als einen Lebenszusammenhang, der psychologisch verstanden sein will. Vielleicht können wir aus dieser Perspektive im Bilde Diezens einige neue Züge entdecken. Der fachwissenschaftliche Gesichtspunkt muß dabei zurücktreten“ (Curtius, 1947, 393-394; vgl. auch in: Ders., Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie, 1960,415).
HSchA Nr. 02319-02325; Ludwig Lemcke, ADB 5, 1877, 214-217; Ernst Robert Curtius, „Bonner Gedenkworte auf Friedrich Diez“, RF 60, 1947, 389-410; Wilmotte, Mes mémoires, 1948, 41-42; W. Th. Elwert, NDB 3, 1957, 712; Jürgen Storost, Hugo Schuchardt u. die Gründungsphase der Diez-Stiftung, Bonn 1892; Richard Baum, „Friedrich Diez“, in: Willi Hirdt (Hrsg.), Romanistik. Eine Bonner Erfindung, Bonn 1993, Bd. I, 45-140 (P; Bibl.); II, 457-913; LexGramm, 1996, 240-241 (Wolfgang Schweickard); LRL I, 1, 2001, 123-125 (Peter Wunderli); 552-555 (Hans Dieter Bork); Storost, 300 Jahre, 2001, I, 205-213; II, 57-58; Ridoux, Évolution, 2001, 44-59; Wolf, Kontinuität und Wandel, 2012, 300-324.